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Die letzten Tage des Weltkapitals. Kapitalakkumulation und Politik im Zeitalter des fiktiven Kapitals (Krisis 5/2016)

letzte-tage-des-weltkapitalsErnst Lohoff

Die letzten Tage des Weltkapitals

Kapitalakkumulation und Politik im Zeitalter des fiktiven Kapitals

Krisis-Beitrag 5/2016

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Zusammenfassung

Die Wirtschafts- und Geldpolitik kann machen was sie will, doch die fundamentale Krise der Wertverwertung schafft sie nicht aus der Welt. Das bedeutet aber nicht, dass sie keinerlei Einfluss auf den ökonomischen Prozess ausüben würde.

Insbesondere die Akkumulation von fiktivem Kapital, die seit mehr als drei Jahrzehnten die lahmende Mehrwertakkumulation als Motor der Weltwirtschaft ersetzt, wird in starkem Maße von wirtschaftspolitischen Weichenstellungen und geldpolitischen Entscheidungen beeinflusst. Es hängt wesentlich mit von den Regierungen und Zentralbanken ab, in welchen Umfang es gelingt, über die Vermehrung von Schuldpapieren, Aktien und Finanztiteln auf künftige Wertproduktion vorzugreifen. Schon bei der Inthronisierung der Finanzwirtschaft als neuer »Basisindustrie« des kapitalistischen Weltsystems Anfang der 1980er Jahre spielte die Politik eine Schlüsselrolle. Mit ihrer Hochzins- und Verschuldungspolitik haben die Reaganomics die Erzeugung von Finanzmarktprodukten entfesselt und jene internationale Arbeitsteilung geschaffen, die seitdem die Weltwirtschaft auf die Touren hält: die Arbeitsteilung zwischen Standorten, die monetäre Zukunftsversprechen exportieren, wie den USA einerseits, und Gütermarktwaren exportierenden Ländern wie China und Deutschland andererseits.

Gerade der große Krisenschub von 2008 hat gezeigt, wie weit die Macht der Politik auf diesen Terrain gehen kann. Angesichts des drohenden Systemkollapses schufen die Zentralbanken und Regierungen der kapitalistischen Kernstaaten in einer konzertierten Aktion ein weltumspannendes System der Public-Private-Partnership der Erzeugung fiktiven Kapitals. Während die öffentliche Hand und die Zentralbanken die Verwaltung der verbrannten kapitalistischen Zukunft übernehmen, sorgt die Privatwirtschaft für die neuen spekulativen Blasen, die für den Fortgang des globalen Akkumulationsprozesses unerlässlich sind. Mit dieser Installation einer weltumspannenden finanzmarktsozialistischen Ordnung – ironisches Ergebnis der neoliberalen Revolution – hat die Politik dem maroden kapitalistischen Weltsystem noch einmal eine Gnadenfrist erkauft.

Diese in erster Linie durch die Negativzinspolitik der Zentralbanken ermöglichte Ausweitung des Vorgriffs auf zukünftigen Wert ist aber nicht nur prekär, weil sie längerfristig die Grundlagen des Geldsystems unterminiert. Die größte historische Leistung der Politik in Sachen Krisenverschiebung markiert gleichzeitig den Umschlagspunkt, an dem die Politik selber zu einer eigenen Krisenquelle wird. Die US-amerikanische Haushaltskrise, die Griechenlandkrise und der Brexit zeigen beispielhaft, wie die internationale Krisenverwaltung immer mehr in die Zange gerät. Zum einen verschärfen sich die Interessengegensätze zwischen den verschiedenen kapitalistischen Staaten in einem System, das die Verteilung der Krisenverwaltungslasten immer neu politisch ausfechten muss, enorm. Zum anderen kollidieren die Imperative der Krisenverwaltung zunehmend mit den Krisenverarbeitungsideologien, die sich auch in politischen Entscheidungen und Wahlergebnissen niederschlagen. Insofern hat der Übergang zu einem globalen System staatlich gestützter Produktion fiktiven Kapitals neue, kaum mehr zu überbrückende Widersprüche hervorgebracht, welche die eindeutig funktionale Rolle der Politik infrage stellen und sie selbst zu einem dynamisierenden Moment der Krisenentwicklung machen. Der nächste größere Krisenschub könnte in einem Zerfall des weltkapitalistischen Zusammenhangs entlang regionaler und nationaler Gegensätze münden.


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