Vortrag von Ernst Lohoff
Samstag 11. Oktober, 13.30 Uhr, Erfurt
im Rahmen des Kongresses “Zeit zu Denken”
Zu den Urmythen der liberalen Demokratie gehört die Vorstellung, ökonomische und politische Freiheit, Marktwirtschaft und Demokratie seien zwei Seiten derselben Medaille. Der scheinbar unaufhaltsame Vormarsch des Autoritarismus in den letzten Jahren zeigt jedoch ein anderes Bild. Unter Schönwetterbedingungen lassen sich liberale Demokratie und Rechtsstaat einerseits und Kapitalismus andererseits vereinbaren, jedoch nicht mehr im Krisenkapitalismus unserer Tage.
Durch die marktreligiöse Umgestaltung der Gesellschaft hat die liberale Demokratie ihre Fähigkeit zum sozialen Interessenausgleich verloren. Damit hat sie dem Vormarsch rechter Identitätspolitik den Boden bereitet. Dass ausgerechnet in den USA, dem Land, in dem Rechtsstaat und Gewaltenteilung erstmals verwirklicht wurden, diese Prinzipien nun auf dem Müllhaufen der Geschichte landen, ist alles andere als Zufall. Auch in Europa bedeutet, den Kampf gegen Rechts zu führen, ohne die Frage des gesellschaftlichen Reichtums neu zu formulieren, letztlich, diesen Kampf zu verlieren. Das hat aber weitreichende Folgen für die Entwicklung einer emanzipativen Gegenperspektive.