Von Ernst Lohoff
Ursprünglich erschienen in der Jungle World 2025/21 vom 19.06.2025
Von den milliardenschweren Subventionen für Dienstwagen profitieren vor allem Wohlhabende und die deutsche Autoindustrie. Jetzt sollen sie noch ausgeweitet werden, damit die deutschen Autokonzerne ihre teuren Elektroautos loswerden.
Rund zwei Drittel aller Neuwagen in Deutschland werden als Dienstwagen zugelassen. Der Grund: Wenn Firmen ihren Angestellten als Teil des Lohns einen Firmenwagen zur privaten Nutzung überlassen, können beide Seiten kräftig sparen.
Die Unternehmen können die Kosten für die Fahrzeuge steuerlich absetzen. Und auch die Beschäftigten senken ihre Steuerlast. Zwar sind für die private Nutzung eines Dienstwagens bei Verbrennern ein Prozent und bei Elektroautos 0,25 Prozent des Listenpreises monatlich als »geldwerter Vorteil« zu versteuern. In der Bilanz ist das jedoch eine deutliche steuerliche Subvention.
Das Bundesumweltamt geht davon aus, dass damit nur etwa 40 Prozent des tatsächlichen Geldwerts besteuert werden. Eine von dem NGO-Verband European Federation for Transport and Environment (T & E) in Auftrag gegebene Studie ergab 2024, dass allein die Dienstwagen mit Verbrennermotor steuerlich mit insgesamt 13,7 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert werden.
Aus gutem Grund laufen Umwelt- und Sozialverbände seit Jahr und Tag gegen das sogenannte Dienstwagenprivileg Sturm. Es ist eine Umverteilung nach oben, weil vor allem die Besserverdienenden sich über die Steuerersparnisse freuen können. 2021 kam die Forschungseinrichtung Öko-Institut zu dem Ergebnis, dass etwa die Hälfte der Subventionen für Dienstwagen an das Fünftel der Haushalte mit den höchsten Einkommen fließt; nur ein Fünftel lande bei den Haushalten der unteren Einkommenshälfte.
Außerdem ist die geltende Regelung ökologisch desaströs, weil die Subventionierung umso höher ausfällt, je teurer und übermotorisierter und damit klimaschädlicher die angeschafften Fahrzeuge sind – auch zu diesem Ergebnis kam die Studie im Auftrag von T & E. Dementsprechend setzt sich die Dienstwagenflotte zusammen: Privat zugelassene PKW haben im Durchschnitt 116 PS, bei Firmen-PKW sind es durchschnittlich 160 PS, berichtete das Öko-Institut 2021.
Schlimmer geht immer
Als vor 25 Jahren die Pauschalbesteuerung von Dienstwagen mit einem Prozent eingeführt wurde, war Elektromobilität noch ein Randthema. Wenn das Steuerrecht einen Beitrag zur Reduktion des CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr leisten soll, dann wäre die am nächsten liegende Maßnahme, die Subventionierung überdimensionierter CO2-Schleudern einzustellen und gleichzeitig Anreize für den Einkauf vor allem kleinerer Elektroautos zu schaffen. Doch stattdessen wurde die Pauschalbesteuerung bei allen E-Autos auf 0,25 Prozent herabgesetzt. Das Ergebnis: Mehr als jedes zweite neu zugelassene Elektroauto war im vergangenen Jahr ein SUV.
Vor allem die Grünen hätten in der vorherigen Legislaturperiode gern wenigstens die Subventionierung von Verbrennern zurückgefahren, die FDP blockierte das jedoch. Schlimmer geht es indes immer, das zeigt die neue Bundesregierung. Im Rahmen des geplanten »Wirtschaftsboosters« ist die neue schwarz-rote Regierung dabei, zum System ökologischer und sozialer Fehlsteuerung eine weitere Stufe hinzuzufügen.
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) kündigte neue Abschreibungsregeln an, die ab 1. Juli anwendbar sein sollen; das Kabinett hat den entsprechenden Gesetzesentwurf bereits beschlossen. Firmen, die vor 2028 einen Elektrodienstwagen anschaffen, dürfen demnach im ersten Jahr 75 Prozent der Kosten von der Steuer absetzen und im zweiten weitere zehn Prozent, der Rest verteilt sich auf die folgenden vier Jahre. In den ersten drei Jahren können so 90 Prozent der Kosten abgeschrieben werden. Bisher sind es 40 Prozent im ersten Jahr und insgesamt 78 Prozent in den ersten drei Jahren.
Nachfrage nach neuen Elektroautos auf die Sprünge helfen
Gleichzeitig sollen die Obergrenzen dafür, was zur privaten Nutzung überlassene Elektrodienstwagen kosten dürfen, noch einmal kräftig angehoben werden. Gilt bis jetzt die Pauschalbesteuerung von 0,25 Prozent monatlich bis zu einem Bruttolistenpreis von 70.000 Euro, so sollen es künftig 100.000 Euro sein. Das alles macht es nicht nur attraktiver, den Kauf von E-Dienstwagen vorzuziehen, sondern auch, deren Nutzungszyklus in den Firmen zu verkürzen.
Das Ziel ist offenbar, der eingebrochenen Nachfrage nach neuen Elektroautos wieder auf die Sprünge zu helfen. Indem auch sehr teure Modelle steuerlich gefördert werden, trägt man den speziellen Bedürfnissen der deutschen Autoindustrie Rechnung. Nachdem Mercedes, VW und Co. die Umstellung auf Elektromobilität lange schleifen ließen, konzentrieren sich die hiesigen Firmen – wie vorher schon bei den Verbrennern – auf die oberen Preissegmente. Billige Modelle fehlen in ihrem Sortiment.
Die Zusatzsubventionen werden den deutschen Autokonzernen auf dem heimischen Markt sicherlich helfen. Trotzdem betrachtet die einstige deutsche Vorzeigeindustrie sie als nicht ausreichend. Das Schicksal dieser Konzerne entscheidet sich nun einmal auf dem Weltmarkt, und dort sind die Aussichten trübe.
Der Gesetzentwurf verdeutlicht, welche umwelt- und verteilungspolitischen Konsequenzen die Bundesregierung aus der Krise des Exportmodells Deutschlands zieht. Das Bürgergeld soll 2025 trotz steigender Lebenshaltungskosten nicht erhöht werden. Der Bund plant für dieses Jahr sogar, den Etat des Bürgergelds um 2,5 Milliarden Euro zu kürzen – obwohl die Arbeitslosigkeit zunimmt.
Umso großzügiger zeigt man sich gegenüber dem anderen Ende der Einkommensskala. Seit Jahren behaupten wirtschaftsliberale Kreise, Deutschland leiste sich einen überdimensionierten Sozialstaat, und meinen damit die Ausgaben für das ärmere Drittel der Gesellschaft. Von einem großzügigen Sozialstaat kann man durchaus sprechen – aber nur für die Besserverdienenden und das Kapital.