14.01.2019 

Religionskritik, Diskriminierung und Emanzipation. Anmerkungen zur Islamdebatte

Inhalt

Seite 1

1. Wachsende Bedeutung von Religion und Religionskritik

2. Den Islam gibt es nicht !?

Seite 2

3. Islamophobie oder Islamkritik?

4. Islamismus und präfaschistischer Rechtspopulismus

Seite 3

5. Das antimuslimische Ressentiment

6. Linke Versäumnisse

Seite 4

7. AntiBa – der Barbarei entgegentreten


7. AntiBa – der Barbarei entgegentreten

Was tun?

Erstens. Kompromisslos gegen Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Faschismus eintreten – selbstverständlich auch bei MuslimInnen und MigrantInnen. Dass viele Linke ein Problem damit hatten, über „Köln“ zu reden, ist Folge des beschrieben Versäumnisses. Dabei ist doch das Dümmste, was man tun kann, Tatsachen abzustreiten. Da hilft auch kein gut gemeinter und sicher auch zutreffender Verweis auf die ekelhaften Vorkommnisse beim Oktoberfest. Man weiß doch seit Jahren bzw. man könnte wissen, wie es z.B. in Ägypten aussieht. So berichtete etwa Spiegel online am 3.9. 2014 unter der Überschrift „So ergeht es jungen Frauen auf der Nil-Brücke“ über eine mutige junge Frau, die ein Video ins Netz stellte, das sie während ihres Weges über die Brücke drehte und das unglaublich üble Szenen zeigt: „Sexuelle Belästigung ist in Ägypten ein weit verbreitetes Phänomen, das alle Frauen betrifft – Ausländerinnen wie Ägypterinnen, jung und alt. Immer wieder kommt es dabei auch zu Übergriffen oder sogar Vergewaltigungen.“ Das ist bei weitem nicht die einzige Meldung, die man seit Jahren hätte zur Kenntnis nehmen können. Unter der Überschrift „Wir sind nicht eure Kuscheltiere“ wandte sich Ahmad Mansour in einem sehr lesenswerten Essay speziell an Linke: „Traditionelles Islamverständnis befördert sexuelle Tabus und sexuelle Gewalt. Es hat enormen Einfluss auf das Verhalten der Geschlechter zueinander. Was in der Kölner Silvesternacht passiert ist, hat sein Vorbild auf dem Kairoer Tahrirpatz und anderswo. Von der ‚religiösen Tradition‘ zur sexuellen Abstinenz gezwungene junge Männer greifen auf Frauen in der Öffentlichkeit zu. Das festzustellen ist nicht rassistisch, sondern ein Fakt. Wir, die Muslime, haben das Problem – die kritischen unter uns benennen es und brauchen die Solidarität der Demokraten im Land. Von der AfD, von Pegida wollen wir sie nicht, denn sie ist keine. Eine offene, tabufreie Debatte wird zu Lösungen führen, zum Nachdenken und zu besserer Prävention. Und sie wird die Rechtsradikalen und die Islamisten schwächen.“ (Ahmad Mansour, Wir sind nicht eure Kuscheltiere, taz 9.7. 2016 – Pflichtlektüre für Linke) Man kann es auch anders sagen: Die Wahrheit wird uns befreien. Und nur sie.

Zweitens. Solidarität und Kooperation mit säkularen MuslimInnen und MigrantInnen. Immer mehr von ihnen melden sich zu Wort. Und es gibt nicht nur die Prominenten, die es auch mal ins Fernsehen schaffen, es gibt auch viele vor Ort, die sich engagieren. Wie z.B. die Gruppe „12th MemoRise“ junger Muslime im Ruhrgebiet, die mit Aktionen gegen Salafismus an die Öffentlichkeit treten. Viele von ihnen werden bedroht. Sie haben Solidarität verdient. Auf solche Leute muss man zugehen. Im Allgemeinen hapert es da noch sehr. Antifa ist, ob sie will oder nicht, eine ziemlich weiße, deutsche, männliche Mittelschichtsveranstaltung. Antifa hat Hausaufgaben. Sie widerspiegelt noch lange nicht die heutige Zusammensetzung der Gesellschaft. Schon deswegen ist sie in ihrer Wirkungsmöglichkeit beschränkt. Ein hervorragendes Beispiel ist die Antifa Saar. Den einen dort sieht man an, dass ihre Großmütter wahrscheinlich auch schon im Saarland geboren sind, die Großmütter der anderen sind vermutlich ein paar tausend Kilometer weiter weg geboren. Was ein lächerlicher äußerer Unterschied. Die machen zusammen die Antifa Saar. Und sie nehmen sich neben den klassischen Antifa-Themen auch den Islamismus vor. Da gibt es dann auch Aktionen unter dem Motto „No Jihad. Stop Boko Haram, Al-Quaida, Hamas, Isis. Keinen Kompromiss mit der Barbarei. Islamismus bekämpfen.“

Drittens. Solidarität mit MuslimInnen und MigrantInnen gegen Diskriminierung und Angriffe. Das ist sowieso selbstverständlich und bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Viertens. Das Wichtigste: Das Gift der Kritik in den Köpfen verbreiten. Religionskritik. Ideologiekritik. Kritik der Politischen Ökonomie, also Kapital-ismuskritik. Der Bindestrich zwischen Kapital und ismus soll unterstreichen, dass es notwendig ist, dasjenige zu verstehen, was dem Kapitalismus seinen Namen gibt. Die allermeisten der vermeintlichen KapitalismuskritikerInnen – manchmal hat man ja den Eindruck, als sei seit Beginn der Krise 2008 fast jedeR irgendwie gegen den Kapitalismus – haben allerdings nichts oder kaum etwas vom Kapital verstanden. Da bleibt noch außerordentlich viel zu tun.

Menschliche Emanzipation muss Herrschaft von Zwangsgemeinschaften überwinden . Sei es „Die Deutschen“, sei es „Die Umma“. Sie benötigt kritische, selbstbestimmte und verantwortungsbewusste Individuen. Es geht darum, dass kein Mensch unterworfen wird und dass kein Mensch sich selbst unterwirft. Oder auch: AntiBa – Der Barbarei entgegentreten.